Stress gehört zum Leben und doch empfinden wir ihn oft als etwas, das uns überrollt. Dabei kann Stress auch ein wertvoller Kompass sein. Wer ihn versteht, kann aus ihm lernen und ihn sogar nutzen.
Stress entsteht, wenn wir eine Situation als Herausforderung oder Bedrohung wahrnehmen, sei es körperlich, emotional oder mental. Doch hinter jedem Stressmoment steckt eine Botschaft: Etwas ist dir wichtig. Etwas braucht deine Aufmerksamkeit. Etwas darf sich verändern. Anstatt Stress nur zu bekämpfen, lohnt es sich also, ihn als Signal zu verstehen. Oft zeigt er uns, wo unsere Grenzen liegen oder wo wir uns zu weit von unseren Bedürfnissen entfernt haben.
Nicht jeder Stress ist gleich. Akuter Stress bedeutet kurzfristige Aktivierung, zum Beispiel vor einer Präsentation oder in einem wichtigen Gespräch. Chronischer Stress hingegen entsteht durch Dauerbelastung, anhaltende Anforderungen oder ungelöste Konflikte. Positiver Stress motiviert, steigert Leistung und fördert Wachstum. Negative Stress, überfordert, blockiert und schwächt langfristig Körper und Geist. Es geht also nicht darum, stressfrei zu leben, sondern bewusst mit Stress umzugehen.
Stress aktiviert unsere Ressourcen: Herzfrequenz, Aufmerksamkeit und Energie steigen. Kurzfristig hilft uns das, Herausforderungen zu meistern. Erst wenn die Erholungsphasen fehlen, wird Stress zum Problem. Gelingt uns aber der Wechsel zwischen Aktivität und Ruhe, entsteht Resilienz, die Fähigkeit, nach Belastung wieder in Balance zu kommen.
Nach dem Modell von Hans Selye verläuft Stress in drei Phasen. In der Alarmreaktion aktiviert der Körper alle Kräfte. In der Widerstandsphase funktionieren wir, mobilisieren Energie und halten durch. Wenn jedoch keine Regeneration folgt, geraten wir in die Erschöpfungsphase. Überforderung und Müdigkeit sind die Folge. Bewusstes Stressmanagement bedeutet, rechtzeitig gegenzusteuern, bevor Phase drei erreicht ist.
Stress zeigt sich auf verschiedenen Ebenen. Körperlich etwa durch Verspannungen, Kopfschmerzen, Schlafprobleme oder einen erhöhten Puls. Emotional durch Reizbarkeit, Überforderung, Rückzug oder Ängstlichkeit. Kognitiv durch Grübeln, Konzentrationsprobleme oder Tunnelblick. Und verhaltensbezogen durch Ungeduld, Überarbeitung, Kontrollbedürfnis oder sozialen Rückzug. Jede dieser Reaktionen erzählt etwas darüber, wie wir mit Druck umgehen und was wir brauchen, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen.
Jeder Mensch hat ein eigenes Stressmuster. Der Macher reagiert mit Aktionismus und will sofort Lösungen. Der Helfer kümmert sich um andere und vergisst sich selbst. Der Perfektionist setzt hohe Ansprüche und möchte alles richtig machen. Der Kontrolleur braucht Sicherheit und hat Schwierigkeiten mit Unvorhergesehenem. Der erste Schritt ist, den eigenen Typ zu erkennen , der zweite, neue Strategien zu entwickeln, die wirklich zu dir passen.
Ein hilfreiches Instrument ist der sogenannte Stresskompass. Er hilft, Stressquellen zu erkennen, Reaktionen zu beobachten und bewusst Einfluss zu nehmen. Norden steht für Wahrnehmen: Wo stehe ich gerade? Osten für Verstehen: Was löst meinen Stress aus? Süden für Handeln: Was kann ich verändern? Und Westen für Regenerieren: Was tut mir gut, um wieder aufzutanken? So wird Stressmanagement zu einem Kreislauf von Bewusstheit, Balance und Wachstum.
Manchmal braucht es dazu den Blick von außen. Jemanden, der hilft, Muster zu erkennen, Prioritäten zu klären und neue Wege zu gehen. Als Coach begleite ich Menschen und Teams dabei, ihren eigenen Umgang mit Stress zu verstehen, Ressourcen zu stärken und Selbstfürsorge als festen Bestandteil ihres Alltags zu integrieren. Selbstfürsorge ist kein Luxus, sie ist eine Voraussetzung für Gesundheit, Gelassenheit und nachhaltige Leistungsfähigkeit.
